2020 regina KEy

Abschied
Einmal nur
unserem Atem folgen
nicht weiter als dorthin
wo er verweht
im Sternenmeer der Winternacht
und wissen
dass alles zählt
und garnichts bleibt
als eine Zeit die uns
für immer kennt
Flüchtig und leise
lösen Anfang und Ende
sich ineinander auf
Das Nichtgesagte
füllt uns Bände
Die Göttin
Ich könnte dein Fels sein
oder ein Fluch
eine Statue
oder ein Buch
dem die letzte Seite fehlt
könnte verschwinden
spurlos alles Schwere überwinden
Versäumtes wiederfinden
und in deiner Nähe leben
Man muss nicht allem einen Namen geben
Ich könnte dein Leuchtfeuer sein
oder ein Traum
suchend bedeutsam verführend oder schwer
oder ein Baum
der wie ein Gebet
grün und unmöglich in der Wüste steht
eine Blüte die sich
flehend einen Tag lang
nach der Sonne dreht
und die Nacht nicht übersteht
Ich könnte dein Segel sein
klar zur Wende
auf einer Reise
mit unbekanntem Ziel und Ende
oder ein Atem
der wie Meeresluft salzig und kühl
deine Haut im Schlaf berührt
Unsagbares erspührt
Oder ein Weg
Der nach Hause führt
Wir könnten uns spiegeln
heilsam und vertraulich
Ich könnte Antwort sein
auf schlafende Fragen
die es noch nicht wagen
ihren Sinn zu tragen
Stiller Blick
Stiller Blick
der dir vertraut
sich wortlos gibt
und in dich schaut
der gleichermaßen
froh und still
auch von dir
gesehn sein will
Alles was dich so besieht
ist Glück
das dir gilt
und geschieht

Wendezeit
Wenn der Aufruhr sich legt
und die lauten Behauptungen
zu wissen was und warum
verschallen
finden wir vielleicht
daß die Antworten nie
auf die hektischen Fragen zugingen
sondern daß sie in
furchtloser innerer Ruhe
auf uns warteten
und zu den Liedern der
Sonnen Monde und Planeten summten
die unseren Geist umkreisen
Wir werden dann
vielleicht einsehen
daß die Gezeiten des Lebens
sich nun einfach wenden
und alles was wir
zu tun haben
ist uns mit ihnen zu wenden
und gesund zu werden
Delfine im Meer
Immer wieder
stehe ich in stiller Ehrfurcht
wenn ihre Anwesenheit näher rückt
meine menschliche Seele tief bewegt
beim Anblick solch synchronisierten Vertrauens
in Atem und Beweglichkeit
Grenzenlose Kraft
die Meere durchstürmend und durchspringend
mit unendlich ozeanischer Beredsamkeit
und ungezügelter Kühnheit
von intensiver und kluger Dynamik
Vereinnahmt von diesem lebendigen Übermut
Oh, wie ich solch wilde Freiheit ersehne

Gesunde Stunde
Gesunde Stunde
still verbracht
nah an der sieben Träume Nacht
ohne Wort und Pflicht und Plan
Alles atmet leiser
und irgendwo kräht
fremd und heiser
ein müder alter Hahn
Fern
Ich schau gerne in die Ferne
weil was nah ist
ja schon da ist.
Ist was neu hier
kommts aus Neugier.
Heimwärts
Ich weiß ich werde
bald zu Hause sein
wenn der Himmel das Meer verkündet
mit Wolken wie springende Delfine
Aqua Mater erhebt sich
in zärtlicher Nähe
und sie singt für mich
wie jede Welle am Strand
mit der Stimme aller Ozeane singt
Ihr Lied stimmt ein
in die Polyphonie
aller fühlenden Seelen
die aufleuchten im Tanz
durch das strahlende Spektrum
wo sich goldene Urweisheit vereint
mit schwingenden Silbervisionen
möglicher Zukünfte
im vergänglichen Jetzt
dem flüchtigen Moment
wenn ich weiß ich werde
bald zu Hause sein
Zeiten
Ich denke oft
an früher oder später
denke dual in Meile und Meter
Meilen, die immer eilen
Stunden, die langen und die runden
und die, in denen ich heimlich
verschwunden bin
und (k)einer weiß wohin.
Die Zeit, die in sturen Uhren
nach vorn und hinten verdreht
in blauen Nächten
ganz zeitlos vergeht
und sich lautlos um uns legt
unbewegt
Die ratlose Zeit
in den Jahresuntiefen
mit mächtigen Stimmen
wie Schiffe, die aus dem Ruder liefen
Lichter die immer dichter
im Nebel mit den Stimmen verschwimmen
So viele Fragen
murmeln zwischen den Tagen
Ich denke oft
sehr früh und ganz spät
an Einstein's Relativität
Egal was war und ist und kommt
träumen sich Bäume in die Höhe
haben Katzen Flöhe
und wären sie lieber los
Das All ist ganz fantastisch groß
Ich denke oft im Kopf und auch
im Bauch
wenn ein milder Septemberwind
meine Wäsche trocken weht
wie im Leben alles so geht
Luna
Licht und still
steigt ein sanftes Seidenglühen
in der Dämmerung auf
Kein anderer Himmelskörper ist so nah
doch in verführerisch perfektem Abstand
enthüllt so viel oder so wenig
wie es der launische Himmel erlaubt
Geheimes unbenanntes Gesicht schaut
fort von bewundernden Augen
der unendlichen Dunkelheit allein offenbart
Mond ist sie
Was man vermißt
Die Zeit hat mich gelehrt
nicht mehr zu wollen
das Leben nicht länger
den Atem nicht schneller
Kein Sturm weht den Himmel fort
Man kann sich sicher fühlen
zwischen Büchern
und vornehm kleiden
in teuren Tüchern
eloquent und formvollendet
Kopf so voll
Herz so geblendet
Man ist
was man so sehr vermißt
Der Engel der Stille
Ich bin die Stille
Ich rahme die durchdringende Klage
der Möwe ein
Ich inszeniere
das mitreißende Lied der Amsel
und unter den Schwingen der Raubvögel schalte ich die Turbulenzen stumm
Ich bin die Stille
gebrochen im Kommen
endgültiger Abschiede
versteinert in
der Unausweichlichkeit
schwieriger Entscheidungen
Ich bin die Stille
abgenutzt in der kargen Leere
geplünderter Landschaften
gequält im stimmlosen Elend
eingesperrter Wildheit
tödlich in der codierten Intelligenz
viraler Seuchen
Ich bin die Stille
ruhig und intensiv
in der reinen schwarzen Winternacht
voller Sterne
süß im warmen Atem
schläfriger Erschöpfung
nach der Liebe
Ich bin Stille
Ich bin farblos
Ich bin unendlich

Berührsame Zeit
Meine Hände gleiten weich
durch die schimmernde Freude
dieser Tage
So habe ich den Sommer
noch nie berührt
nichts zu verbergen
nichts zu erklären
lehne ich mich in sein opales Lied
und summe seine Farben
noch im Traum
Mein Geist gleitet langsam
durch flüchtige Ewigkeiten
eingetaucht in spektrale Wunder
Ozeanen des Jetzt vertrauend
jenseits hell vergehender Stunden
So habe ich die Zeit
noch nie berührt
Waldspaziergang,
Humford Park
Strahlendes Leuchten
sonnenbeschienener Glockenblumen
und duftender Bärlauch
bedecken die Hänge
hinauf bis zu den Feldern
jenseits der Bäume
und hinunter
zum unruhigen Geflüster
des sprudelnden Baches
in seiner freudigen Eile
den Fluss zu erreichen
bei den riesigen Trittsteinen
Ich fühlte den Blick des Reihers
bevor ich mich umdrehte
und die schlanke Gestalt sah
bewegungslos und gerahmt
in einem einzigen Sonnenstrahl
Der Weg schlängelt sich vor uns
durch ein multi-dimensionales Konzert unsichtbarer Vögel
das lautlose Flattern der Schmetterlinge
zartweiße Flügel
mit einem Crescendo aus orangen Spitzen
und der sanft brummende Bass
im Summen
der bescheidenen Hummeln
Farne entrollen sich
aus ihren knorrig braunen Kokons
in üppige Blattfedern von
frischem verträumtem Grün
Eine erhaben waldig duftende Brise
kühlt mein Gesicht
Erinnerungen berührend
an unzählige Wanderungen
durch Wälder und Jahre
und Orte von solcher Magie
die Worte niemals fassen
Haut
Flächenmaß der Sonnenanbeter
Strahlendes Gesundheitsbarometer
Sieben Lagen
die viel vertragen
Malerin düsterer Krankheitsbilder
Landschaft von geheimer wilder
Beweglichkeit gehabter Abenteuer
kontaktbereit elektrisiert
Alles riskiert
Membran zur irdischen Wirklichkeit
Elastisch wie Raum Sinn Welt und Zeit
Lebendiges Kleid
Vererbt gegerbt
und manchmal taub
vor unaushaltbar rohem Schmerz
unter rasendem Herz
Seismograph für jedes Beben
im Innenleben
Mal jung und rosenweich
im Glück
Mal blau vor Kälte
kraftlos grau und bleich
träumt sich zum Anfang zurück
Minutiöser Lebensindex
Rastlose Biographie
Verzeichnis jeder Erfahrung
Offenbarung im unvorhersehbaren
Faltenwurf täglich wiederholter Emotionen
Millionen von Bestandsaufnahmen
Eruptionen chronologisch und nah
in der Hexenküche
der Widersprüche
Letzte sinnliche Barriere
vor der unsichtbaren Hülle
übersinnlicher Erlebnisfülle
Entlang den Meridianen
der Feinstromführung
Wahr und nehmend
in jeder Berührung
anfang- und endlos in ihr verpackt
fühlen wir uns in ihr doch nackt
Vision
Göttlich ist der Grund,
träumend tief aus dem vertrauten Rund,
aus dem wir aufgestiegen,
da Meer und Wind sich ewig wiegen,
uns hier in aller Herrgottsferne,
wesensgleich im Blick der Sterne,
zu verdichten,
sehend neu die Zeit zu lichten
Flügel
Beachte die Vögel
wie sie die unabsehbaren Himmel nehmen
In lauten Schwärmen
oder einsamer Stille
Hoch fliegender Adler
Gleitende Schwalbe
Spritziger Spatz
Eintauchender Kormoran
Sperber bewegungslos
harrend im Wind
Stare zu Tausenden
die Luft artikulierend
in ständig wechselnden Versen
Über und um uns herum
zeigt ein konstanter Fluss
beflügelter Bewegung
mit Leichtigkeit
eine grenzfreie Welt
Die Frage ist...
Kann man sich montags
Delfine wünschen?
Und wieviele?
Oder Krokodile
die nicht beissen
und Lieblingsschuhe
die nie verschleissen
Kann man eigentlich Zeit verlieren?
Kann man Verlierern gratulieren?
Welchen Vorzug hat im Sturm
ein meterhoher Elfenbeinturm?
Kann man Jupiter zum Lachen bringen?
Und welche Lieder muss man singen
um Wale zu verstehn?
Wohin soll es nun gehn?
Gibt es ein Leben
nach dem Nichtweiterwissen?
Warum muss ich
dich so vermissen?
